2020
Jahr unter Pandemiebedingungen

2018
Jahr der „Samtenen Revolution“

Mirak-Weißbach-Stiftung
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Hilfe für Auszubildende und Studenten

Lusine Arakelyan


Wir lernten Lusine Arakelyan bei der feierlichen Eröffnung der neuen Octet Musikschule am 20. September 2013 in Gjumri kennen. Sie wurde uns als Sängerin aus Gjumri vorgestellt, die auch an dieser Musikschule Unterricht erhalten hatte. Sie machte auf uns einen sehr bescheidenen Eindruck. Am Ende der Feierlichkeiten, an denen der Präsident des Landes, viele Ehrengäste, Vertreter der Stadt und der Kirche teilnahmen, fand auf der Bühne im Außenbereich ein Konzert statt, bei dem neben dem Chor und Orchester der Schule, verschiedene Ensembles eben auch Lusine Arakelyan auftraten. Ihre starke, aber dennoch weiche Sopranstimme und ihre frische Vortragsart machten auf uns gleich Eindruck. Sie trug neben einigen Arien aus der großen Welt der Oper auch klassische armenische Volkslieder vor. – Aus dieser ersten, eher flüchtigen Begegnung entwickelte sich im Laufe der Jahre eine enge Beziehung, ja Freundschaft, die bis zum heutigen Tag anhält.

Zu jenem Zeitpunkt hatte Lusine Arakelyan, die 1984 in Gjumri geboren wurde, schon eine Klavier- und Gesangs-Ausbildung absolviert, hatte an Gesangswettbewerben junger Sängerinnen teilgenommen und zahlreiche Preise gewonnen. Nach ihrem Masterstudium am Staatlichen Musikkonservatorium in Jerewan bei der Dozentin Karine Mkrtchyan war sie 2008 mit einem Diplom ausgezeichnet worden. Seit 2004 hatte sie verschiedene Soloauftritte, bei denen sie u.a. mit Armeniens Staatlicher Philharmonie, dem Kohar-Symphonieorchester und Chor, dem Tatscharan-Ensemble und dem Opernstudio am Staatlichen Musikkonservatorium Jerewan konzertierte. Seit 2008 wurde sie als Solosängerin am Ghazaros-Saryan-Opernstudio des Konservatoriums engagiert. Ihr Weg als Solosängerin an einem der Opernhäuser in Armenien oder der Region schien vorgezeichnet. Sie erzählte uns schon bei dieser ersten Begegnung, daß sie liebend gerne ihre Ausbildung in Deutschland fortsetzen wolle. Wir waren entschlossen, ihr auf diesem Weg helfend zur Seite zu stehen. Die 1. Gelegenheit dazu ergab sich schon ein Jahr später. Sie hatte uns im Frühjahr 2014 kontaktiert und uns mitgeteilt, dass sie mehrere Einladungen erhalten habe, in Deutschland und Österreich zu singen. So erklärten wir uns gern bereit, die Kosten für Hin- und Rückreise zu übernehmen.

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Lusine Arakelyan bei ihrem Konzert am 1.6.2014 in der Erlöserkirche in Berlin

Während dieser Deutschlandreise hörten wir Lusine Arakelyan am 1.6.2014 in einem Konzert aus Anlaß des armenischen Nationalfeiertags, des 28.Mai, in der Erlöserkirche in Berlin. Dort präsentierte sie vor einem überwiegend aus Armeniern bestehenden Publikum und ihren Freunden unter dem Motto „Eine musikalische Zeitreise“ ein breit gefächertes Programm aus Arien und Liedern von Weber, Strauß, Verdi, Kalman über Rachmaninow, Tschaikowsky bis hin zu armenischen Klassikern von Komitas, Atschemyan und Tschttschyan. Ganz in der Nähe Berlins, auf Schloß Prötzel, nahm sie wenige Tage später am Gesangswettbewerb des 3. Komitas Festivals teil und wurde mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Es war hier in Berlin, daß sie eine offizielle Einladung bekam, in Polen Ende des Jahres 2014 zu konzertieren. - Von Berlin reiste sie weiter nach München und Wien, wo sie auf Einladung der Wiener Kammeroper am Internationalen Gesangswettbewerb von Hans Gabor teilnahm. – Wenige Monate später kam es tatsächlich zu den Konzerten im oberschlesischen Katowice, zu denen sie der Dirigent Grzegorz Mierzvinski eingeladen hatte. Lusine Arakelyan sang, begleitet vom Orchester Kopalnia Wegla Kamiennego Murcki Staszic, 12 Stücke u.a. Lieder von Komitas und Dolukhanyan. Die Konzerte wurden mit großer Begeisterung aufgenommen. Dies waren für die junge Sopranistin die ersten Konzerte überhaupt, für die sie als Solosängerin mit Vertrag verpflichtet wurde - ein großer, hoffnungsvoller Schritt in ihrer noch jungen Karriere.

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Lusine Arakelyan bei ihrem 1. vertraglich abgeschlossenen Solokonzert in Katowice

Im September 2015 führte der weitere Werdegang Lusine Arakeylan zu Meisterklassen im Operngesang (Canto Lirico) nach Trevignano Romano in der Nähe Roms. Hier wurde sie von der italienischen Sopranistin Stefania Bonfadelli und Maestro Simone Maria Marziali gecoacht. Danach ging es weiter nach Barcelona, wo Lusine Arakelyan am Internationalen Montserrat Caballé Gesangswettbewerb teilnahm. Gerne haben wir wieder die Flugkosten für die Reise Jerewan – Rom – Barcellona – Jerewan übernommen.


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Lusine Arakelyan in Italien

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Lusine Arakelyan und Stefania Bonfadelli

Als wir im Jahr 2016 Armenien wieder besuchten, lud uns Lusine Arakelyan an die Stätte ein, an der sie ihr täglich Brot verdiente. Hier lernten wir neben der Opernsängerin die Musiklehrerin Lusine kennen. An der nach Aleksey Hekimyan genannten Musikschule im Herzen Jerewans hatte sie extra für uns ein Konzert mit Schülern, darunter auch einige ihrer eigenen Studenten organisiert. Die Direktorin, viele Lehrerinnen und auch Eltern füllten die Aula, wie immer bei solchen Anlässen festlich gekleidet, und gaben uns die Ehre. Wir waren tief beeindruckt und bewegt. Wir konnten uns davon überzeugen, daß einige der Schüler auf dem besten Weg sind, hervorragende Musiker in ihrem Fach zu werden. - Als wir Lusine nach dem Konzert zu ihrer Arbeit gratulierten und uns erfreut darüber zeigten, daß sie, was immer aus ihrer Gesangskarriere würde, einen wunderbaren Beruf habe, in dem sie Befriedigung erfahren könne, wurde sie sehr still. Nach einigem Nachdenken sagte sie mit trauriger Miene: „Aber ich bin doch Sängerin und ich möchte nichts lieber als Singen, Singen, Singen“.

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Vor der Schule, an der Lusine Arakelyan unterrichtet, empfängt ein Bläserensemble die Weißbachs

Wie sich später zeigen sollte, hat Lusines Lehrtätigkeit reichlich Früchte getragen…Im Juni und Juli 2018 konnten wir dazu beitragen, daß eine Gruppe ausgewählter Schülerinnen und Schüler eine Konzertreise nach Wien und Berlin antreten konnte. In Wien wurde aus Anlaß des 2800. Gründungsjubiläums der Hauptstadt Jerewan/Erebuni ein klassisches Konzert aus armenischer Musik und einem ausgesuchten europäischen Repertoire gegeben. Das Konzert fand in der armenisch-apostolischen Gemeindekirche St. Hripsime statt. Das ambitionierte Konzert-Programm umfaßte Gesangs- und Instrumentalwerke, dargeboten von Solisten und Ensembles in verschiedenen Sprachen. Die jungen Studenten und Studentinnen, 14 Jahre und jünger, begeisterten das überwiegend armenische Publikum. - Die 2. Etappe führte die jungen Musiker nach Berlin, wo die Vereinigung Europäischer und Armenischer Experten e.V. (AEAE) mit Unterstützung von Abraam Kostanyan, Restaurant Jerewan und des Sängers Artak Kirakosyan ein Konzert organisiert hatte. Auch hier sollte es wie in Wien darum gehen, kulturelle Brücken zwischen deutschen und armenischen Musikern der jungen Generation zu bauen und den jungen Musikern die Möglichkeit zu bieten, Erfahrungen in künstlerischer Darbietung zu sammeln. Aus dem italienischen Repertoire stachen Augustin Lara mit einer Aria aus Verdis „Rigoletto“ und Narek Sahakyan mit Granada hervor. Zu den Ensemble-Stücken gehörten Komitas‘ Tanzlieder eines armenischen Bauern, Alexej Hekimyans „Gutmütiger Storch“, das Duett von Franz Lehar „Lippen schweigen“. Auch traditionelle armenische Instrumente kamen zum Einsatz, u.a. ein auf der Kanoon präsentierter Tanz von Johannes Brahms und armenische Volksweisen. Am Ende des Konzerts in Berlin gab es nicht nur “standing ovations”, sondern die Besucher stimmten auch in das allseits bekannte Volkslied Erebuni-Jerevan mit ein, einige mit Tränen in den Augen. Die Sängerin und Lehrerin Lusine Arakelyan war zu Recht stolz auf ihre Schüler und auch sehr zufrieden mit der Konzertreise.

Im folgenden Jahr 2019 hatten wir wiederum das Privileg, ein Konzert an ihrer Schule zu erleben. Lusine präsentierte diesmal aussichtsreiche junge Musiker, die im Sommer eine Konzertreise nach Italien antreten sollten und in Rimini an Wettbewerben teilnehmen sollten.

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Hoffnungsvolle Talente an der Schule von Lusine Arakelyan

Und tatsächlich heimsten die jungen Musiker aus Jerewan bei den internationalen Künstler-Tagen Italia, die vom 24. - 27. Juni in Rimini stattfanden, jede Menge Preise ein. Lusine Arakelyan war natürlich stolz darauf, daß alle mitgereisten Studenten insgesamt 4 mal erste und 7 mal 2. Preise gewonnen hatten. Sie berichtete, daß die Studenten ihre Zuhörer durch ihre musikalische Reife und die Freude an der Musik begeistern konnten. Die Sänger beeindruckten auch durch die korrekte Aussprache der italienischen Lieder. Lusine Arakelyan, selbst ja nicht nur Gesangslehrerin, sondern auch Opernsängerin, gab am Ende des Konzertes die Arie „Il Bacio“ (Der Kuss) von Luigi Arditi zum Besten. Für alle gab es herzliche und lang anhaltende Ovationen.

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Kristina Zakaryan, eine der zahlreichen Preisträgerinnen aus Jerewan.

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Lusine Arakelyan und Muriel Mirak-Weißbach vor der Oper in Jerewan.

Trotz dieser schönen Erfolge in ihrer Lehrtätigkeit hielt Lusine geduldig und beharrlich an ihrem Traum fest, in der Welt der Oper und Operette Fuß zu fassen. Und so nutzte sie alle Möglichkeiten, ihr eigenes künstlerisches Können in Konzerten vorzustellen, aber auch ihre Ausbildung fortzusetzen. Anfang 2017 wurde sie eingeladen, eine Konzertreise quer durch Polen, von Gdynia an der Ostsee, über Lublin bis Tarnow in der Nähe von Krakau und Warschau zu unternehmen. Auf Einladung des Dirigenten Woytek Mrozek konnte sie mit namhaften Künstlern, u.a. mit dem Warschauer Operntenor Leshek Swidinski, der in Polen sehr beliebten Agata Sava und dem ukrainischen Geiger Maryan Mario Lomaha auftreten. Gleichzeitig hatte sie auch Gelegenheit, mit verschiedenen Orchestern aus Polen und der Ukraine zu konzertieren, u.a. mit dem Philharmonischen Symphonie-Orchester aus Lublin. Besonderen Eindruck hinterließ Lusine Arakelyan in Warschau, wo sie vor 1200 Zuhörern in der Konzerthalle mit Arien aus Verdis „La Traviata“, Puccini’s ,,Schicchi“ oder aus der Zigeunerliebe und Giuditta von Franz Lehar glänzen konnte. Mehrfach wurden ihr stehende Ovationen zugedacht. Die Musikkritikerin Kristina Sulzichka schrieb von einer „unglaublichen Lusine Arakelyan, die mit ihrer schönen Stimme und ihrer großen musikalische Erfahrung unvergessen bleiben wird“!

Lusine selbst war nach dieser Erfahrung überwältigt. „Die ganze Tour war wie ein Traum. Es war so schön und interessant, mit großen Orchestern und verschiedenen Opernsängern und -sängerinnen auf der großen Bühne aufzutreten“, schrieb sie uns nach ihrer Rückkehr. Und sie fügte hinzu: „Jetzt werde ich hart weiterarbeiten für den nächsten Schritt …“ Längst hatte sie angefangen, Deutsch zu lernen. Denn ihr nächster Schritt sollte sie nach Berlin führen, an die UDK, die Akademie der Künste.

Die Universität der Künste bietet regelmäßig intensive Master Classes für den Operngesang an. Lusine hatte sich Anfang des Jahres 2017 mit der Einsendung von Gesangsaufnahmen beworben und war für die Sommer-Klasse angenommen worden. Wie sie uns nach ihrem Aufenthalt in Berlin schrieb, empfand sie es als große Ehre, von so außergewöhnlichen Menschen wie Cheryl Studer, eine weltberühmte amerikanische Sopranistin des dramatischen Opernfachs unterrichtet worden zu sein. Cheryl Studer hatte sich besonders durch ihre Interpretationen von Richard Wagner and Richard Strauss einen Namen gemacht. Lusine arbeitete auch mit Gerd Uecker, Professor für Musik und Opernregie, der von 2003 bis 2010 künstlerischer Leiter an der Semperoper in Dresden war. Nach einem intensive Unterrichtsplan von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends lernten Lusine und ihre Kolleginnen Bühnenpräsenz, Gestik, Entspannungstechniken, korrekte Aussprache deutscher Texte und natürlich wurde auch an der Gesangstechnik gefeilt. Ein besonderes Erlebnis und Höhepunkt des Kurses war das Abschlußkonzert, bei dem Lusine gebeten wurde, mehrere Stücke zu präsentieren.

Die Mirak-Weißbach-Stiftung übernahm Kursgebühr und die Reisekosten von Jerewan nach Berlin. Während ihres Aufenthalts in Deutschland trat Lusine auch am 11.11.2017 bei einer Veranstaltung in Bochum auf und sang Lieder von Komitas und Mesrob Mashtots. Die Veranstaltung hatte das interessante Thema “Die Armenier im Lutherjahr“.

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Die Sänger und Lehrer der Meisterklasse Berlin 2017, Lusine Arakelyan 1. von rechts in der vorderen Reihe

Wie überall in Europa und der Welt, hat der Einzug der Korona-Pandemie den Kulturbetrieb besonders hart getroffen und eingeschränkt. Nicht nur junge Menschen in der Ausbildung, sondern auch namhafte Künstler und Profis mußten Konzerte und Tourneen absagen. Viele zogen sich zurück oder gingen nur über das Internet in die Öffentlichkeit. Lusine Arakelyan hat in dieser Zeit intensiv weitergearbeitet und plant, in diesem Jahr 2022 eine CD mit eigenen Lied-Interpretationen herauszubringen. Wir sind sehr gespannt darauf. Die Kostproben, die sie uns schon zugeschickt hat, sind äußerst vielversprechend.

Arpine Ginosyan

Wir hatten Arpine Ginosyan bereits 2013 im 1. Jahr unserer Aktivitäten in Armenien kennengelernt. Ihre Mutter war Lehrerin an der Octet-Musikschule in Gjumri gewesen, und Arpine war gerade in Gjumri, als wir an der Eröffnungsfeier für die neue Musikschule teilnahmen. Sie sprach hervorragend Englisch, hatte schon ihren Bachelor in Englischer Literatur abgelegt und so waren wir froh, mit ihr eine kompetente Dolmetscherin an unserer Seite zu haben. In den darauffolgenden Jahren unserer Besuche in Armenien konnten wir immer wieder auf sie zurückgreifen, wenn wir in Gjumri oder Jerewan eine Übersetzerin brauchten. 2017 erzählte sie uns, daß sie am Zentrum für Europäische Studien an der Staatlichen Universität in Jerewan an einem regionalen Programm eingeschrieben sei, um ihren Masters Titel im Fach Menschenrechte und Demokratisierung im Kaukasus zu erwerben. Im 2. Semester (März bis Mai 2017) sollte sie an der Ivane Javakhishvili Universität in Tiflis, Georgien, ihr Studium fortsetzen. Ein Teilstipendium hatte sie schon in Aussicht, benötigte aber noch weitere Gelder für die Reisekosten, Wohnung und Lebensunterhalt. Gerne erklärten wir uns bereit einzuspringen und so konnte Arpine das 2. Semester abschließen und ein Praxissemester im georgischen Ministerium für europäisch-atlantische Integration absolvieren. Nach mit besten Noten abgelegten Prüfungen kehrte sie nach Gjumri zurück und bereitete mit ihrem Studienleiter ihre Masterarbeit vor. Am 7.7.2017 verteidigte sie ihre These in Jerewan erfolgreich zu dem Thema „Die Institutionalisierung der Zivilgesellschaft im heutigen Armenien: Charakteristika und Entwicklungen seit 2008“. Am 10.7.2017 erhielt sie ihren Masters-Abschluß im Fach Europäische Studien.

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Arpine Ginosyan und Muriel Mirak-Weißbach in Gjumri

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Matthew DeLong

„Mein Name ist Matthew DeLong, ich bin amerikanischer Masters Student mit armenischen Wurzeln an der Berliner Humboldt Universität und im Augenblick Praktikant am Mesrop-Zentrum der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg und arbeite unter Frau Professor Dr. Drost-Abgarjan. Sie hat mich auf einen Sommerkurs des DAAD (Deutscher Akademischer Auslandsdienst) in Jerewan aufmerksam gemacht. Der Kurs soll im August stattfinden, Teilnehmer werden in armenischen Gastfamilien unterkommen und Unterricht in armenischer Sprache, Kultur, Literatur, Geschichte, aber auch Landes- und Geopolitik Armeniens erhalten. – Da ich daran interessiert bin, die armenische Diaspora für meine Master-Arbeit zu erforschen, ist dies eine Möglichkeit, einen grundlegenden Eindruck des Landes Armenien zu gewinnen und damit ein Fundament für meine Forschungsarbeit.“ – Mit diesen Zeilen stellte sich Herr DeLong im Juli 2018 bei uns vor. Wir kannten natürlich die Institution des DAAD und informierten uns über seine Sommerakademie in Armenien. Und da wir auch mit der Arbeit von Frau Professor Dr. Armenuhi Drost-Abgarjan vertraut waren, sie hat ja den einzigen Lehrstuhl für Armenologie in Deutschland inne, fiel uns die Entscheidung leicht, Herrn DeLong die Teilnahme am Sommerkurs des DAAD zu ermöglichen. Herr Delong schrieb dazu nach seiner Rückkehr aus Armenien einen Erfahrungsbericht, der zeigte, daß er in größtmöglicher Weise von dem Kurs profitiert hat. Der Aufenthalt in einer armenischen Gastfamilie, die täglichen Unterrichtseinheiten in Armenisch, die landeskundlichen Vorlesungen, die Exkursionen zu einigen der spektakulärsten Sehenswürdigkeiten des Landes und die Gemeinschaft mit den internationalen Kollegen haben ihn in seiner akademischen Arbeit weitergebracht und auch in seiner Persönlichkeitsentwicklung gefördert. So schrieb er am Ende seines faszinierenden Berichts über seinen Armenienaufenthalt zusammenfassend: „Armenien wird wahrscheinlich nie als touristisches Reiseziel außerhalb der armenischen Diaspora sehr bekannt werden. Aber für die, die das Land kennenlernen, wird es mit Sicherheit überraschen, begeistern und reiche und unvergeßliche Erfahrungen bieten.“

Der vollständige Reisebericht kann unter dem Titel „An American’s Journey to his Roots“ unter folgendem Link nachgelesen werden: –
http://www.m-w-stiftung.org/English/nach-14-delong.html

Öncü Hrant Gültekin

Anfang 2017 kontktierte uns der in Istanbul geborene und aufgewachene Armenier Öncü Hrant Gültekin. Er hatte sich schon einige Zeit mit dem armenischen Erbe in Istanbul beschäftigt und war der Frage nachgegangen, was aus dem Grundbesitz der Armenier und den armenischen Schulen, Krankenhäusern, Kirchen und Friedhöfen geworden sei, die nach dem Völkermord konfisziert worden waren. Er konnte herausfinden, daß nicht alles zerstört worden war. Seit 2008 wurden Schritt für Schritt konfiszierte Stiftungsgüter an die Gemeinden zurückgegeben. Die Zahl solcher Rückgaben beläuft sich auf über 1000 Objekte. Besondere Aufmerksamkeit richtete Herr Gültekin auf die 32 armenischen Friedhöfe, von denen einige Bauvorhaben zum Opfer gefallen sind.

2011 kam Herr Gültekin nach Deutschland und begann, Fotojournalismus und Dokumentarfotografie zu studieren. 2016 begann er, sich auf seine Bachelor-Arbeit vorzubereiten. Unter dem Titel „Der Fernste Nachbar“ wollte er Schicksale von Armeniern in Bildern dokumentieren, die aus der Türkei nach Armenien ausgewandert waren. Dafür waren 2 Armenien-Reisen vorgesehen. Die Mirak-Weißbach-Stiftung hat dieses Projekt gerne unterstützt. Aus dieser Arbeit ist ein Bildband entstanden, der Schicksale von ausgewählten Armeniern erzählt. Neben den Bildern beeindrucken auch die Stellungnahmen der interviewten Personen. Sie zeigen, daß für viele Armenier die Regionen der Türkei, die sie verlassen hatten, ihre eigentliche Heimat war und Armenien diese verlassene Heimat nicht ersetzen konnte. Der neue Wohnort wurde als Exil empfunden.

Hier 2 Bilder aus dem Bildband von Öncü Hrant Gültekin:

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Alexander Baboian

Alexander Baboian wurde in Boston in eine armenisch-amerikanische Familie hineingeboren, wo er von Kindheit an von Musik umgeben war und durch den Vater und Großvater viele unterschiedliche Facetten und Klänge der Musik kennenlernte. Er entschloß sich, eine Musikkarriere anzustreben und begann sein Studium am Berklee College in Boston, wo er mit Magna cum Laude die Bachelor-Prüfung im Hauptfach Gitarre ablegte und 2 Jahre hintereinander mit dem Preis für seine Leistungen im Fach Gitarre ausgezeichnet wurde. Obwohl er für alle Bereiche der Musik offen war, konzentrierte er sich dennoch auf Jazz und auf seine Entwicklung als Sologitarrist. Durch seine Begegnungen mit Kommilitonen aus der ganzen Welt und die Möglichkeiten, auch international aufzutreten angeregt, entschloß er sich zu dem großen Schritt, nach Berlin zu gehen. Seine Master-Prüfung hatte er inzwischen abgelegt. In Berlin arbeitete er als Lehrer und trat in verschiedenen künstlerischen Projekten auf. Er hatte auch das Glück, Mitglieder der deutsch-armenischen Gemeinschaft kennenzulernen, Menschen wie Archi Galentz, Nesin Hovhannisyan, Stepan Gantralyan und Muriel Mirak-Weißbach.

Die Jahre im Ausland warfen in ihm aber auch tiefgründige Fragen nach seiner Identität und Herkunft auf, gleichzeitig waren seine künstlerischen Vorstellungen und Empfindungen gereift. Beides gab den Anstoß zu einem neuen großen Schritt in Richtung Armenien. Hier begann er 2018 am Staatlichen Konservatorium in Jerewan ein Master-Studium im Fach Kompositionslehre bei Artur Avanesov. Er fühlte sich geehrt, als er eingeladen wurde, einen Kurs in Jazz-Improvisation zu geben und nahm mit großer Freude die Gelegenheit wahr, sein Wissen über Jazz 2020 mit Bachelor-Studenten am Konservatorium zu teilen. Doch dann kam die Pandemie und der Krieg in Armenien, die seine gehobenen Ansprüche auf Weiterentwicklung seines Wissens in Bereich der Musiktechnologie hemmten. So entschied er sich, sein Graduiertenstudium in Europa fortzusetzen. Gegenwärtig (Frühjahr 2022) studiert er elektronische Musik am Königlichen Konservatorium in Antwerpen. Von dort erreichten uns im März 2022 folgende Zeilen des Dankes:

„Ich fühle mich gesegnet, daß ich für meine Master Studien in Armenien und Belgien die Unterstützung der Mirak-Weißbach-Stiftung erhalten habe. Die Stiftung gab mir die wirtschaftliche Lebensgrundlage, die mir als Künstler, der im Ausland studiert, unschätzbar wertvoll war. Denn die normalen in den USA und Europa üblichen Finanzierungswege standen mir als internationalem Studenten nicht zur Verfügung. So sind meine Familie und ich der Stiftung sehr dankbar für ihre Unterstützung. Ich werde im Sommer 2023 meine Studien mit einer Graduiertenprüfung abschließen und ich warte optimistisch auf die neuen Möglichkeiten, auf die ich mich vorbereite und auf die ich mich in der sich ständig verändernden Kunst- und Musik-Welt einstellen werde. Ich hoffe, mich in Europa niederzulassen und hier weiterhin unterrichten, komponieren und von hier aus auch international auftreten zu können“.

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Komitas-Denkmal vor dem nach ihm benannten Konservatorium in Jerewan

Hannah Sophie Schmuck

 Die Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) ist eine der ältesten Freiwilligendienst-Organisationen Deutschlands (seit 1949) mit Sitz in Bonn. Sie organisiert internationalen Jugendaustausch und Freiwilligenarbeit im In- und Ausland, u.a. auch in Armenien. Obwohl die Organisation vom Familien- und Jugendministerium unterstützt wird, werden die Langzeitdienste auch dadurch finanziert, daß die Jugendlichen, die an einem Langzeitprogramm teilnehmen wollen, verpflichtet werden, einen Förderkreis von 5 Spendern und Unterstützern aufzubauen. Hannah Sophie Schmuck aus Hamburg schrieb uns im Sommer 2017 an und fragte, ob wir ihrem Freundeskreis beitreten und ihr mit einer Spende die Teilnahme an einem Freiwilligenjahr in Armenien ermöglichen würden. Sie schrieb uns auch, daß sie kurz vor dem Abitur stünde und später Sozialpädagogik studieren möchte. Und da sie sehr an fremden Kulturen interessiert sei, würde sie gerne ein freiwilliges soziales Jahr im Ausland absolvieren. Sie hatte sich auch schon eine Einsatzstelle in Armenien ausgeguckt, nämlich das Projekt „Hoffnungsschimmer“ in Jerewan. Dort wohnen und lernen in einer Art Internat sehbehinderte und allgemein Kinder mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen aus sozial schwachen Familien zusammen. Sie würde dort auch mit anderen Freiwilligen aus vielen Ländern zusammenwohnen. Insgesamt würde ihr sicherlich das freiwillige Sozialjahr wertvolle Praxiserfahrung für ihren späteren beruflichen Werdegang bieten.

Die Mirak-Weißbach-Stiftung hat sehr gerne positiv auf die Anfrage von Hannah Sophie Schmuck reagiert und dazu beigetragen, daß sie im September 2017 ihr freiwilliges Sozialjahr in Jerewan antreten konnte.

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Araks Arakelyan

Araks Arakelyan hatte bereits einen Master-Abschluß in Psychologie und mehrere Jahre mit Kindern, Jugendlichen und deren Eltern gearbeitet, als sie uns 2019 anschrieb. Sie stellte sich auch als Gründungs- und Vorstandsmitglied und Vertreterin für Internationale Projekte der Nicht-Regierungsorganisation GiHi, Union der Psychologen und Armenologen vor. Als methodologischen Hintergrund wendet diese Organisation den phänomenologischen Ansatz von Carl Gustav Jung an, den Begründer der Analytischen Psychologie. Eines der vorrangigen Ziele der NGO sei es, so schrieb sie uns, die Armenologie und Analytische Psychologie nach C.G. Jung in der Republik Armenien bekannt zu machen und zu verbreiten. Leider sei dieses Feld in Armenien nicht weit genug verbreitet und die Möglichkeiten für junge Psychologen, sich durch Fachleute in diesem Bereich schulen zu lassen, bzw. überhaupt in einen Erfahrungs-Austausch mit hochrangigen Experten und Institutionen im Ausland zu kommen, seien nicht ausreichend vorhanden. Jetzt ergebe sich aber die große Gelegenheit, an einem Intensiv-Winterkurs im Fach Analytische Psychologie am C.G.Jung-Institut in Küßnacht/Schweiz teilzunehmen. Das böte auch die Möglichkeit, Verbindungen zu Professoren zu bekommen und Partnerschaften zu Institutionen im Ausland zu knüpfen, was der Entwicklung dieses Feldes in Armenien natürlich sehr förderlich wäre. Angesichts der niedrigen Vergütung für lokale Spezialisten in Armenien sei sie auf Unterstützung zur Deckung der Kurs- und Reisekosten, sowie des Lebensunterhalts angewiesen.

Die Mirak-Weißbach-Stiftung erklärte sich bereit, Frau Araks Arakelyan ihre Fortbildung in Analytischer Psychologie nach C.G. Jung zu ermöglichen. Leider wurde der Winterkurs 2 mal wegen der Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Aber sie konnte inzwischen ein 3-jähriges Studium zur Ausbildung als Analytikerin nach C.G. Jung beginnen, das bisher überwiegend als Fern- bzw. als Online-Studium stattgefunden hat.